Die Selbstzersetzung des Christenthums und die Religion der Zukunft

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C. Duncker, 1874 - 122 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 10 - Es ist ein Wunder und sehr ärgerlich Ding, dass, nachdem die reine Lehre des Evangeliums wieder an den Tag gekommen ist, die Welt nur immer ärger geworden ist. Jedermann zieht die christliche Freiheit auf fleischlichen Muthwillen. Wenn ich es vor meinem Gewissen könnte verantworten, so würde ich lieber dazu rathen und helfen, dass der Papst mit allen seinen Gräueln wieder über uns kommen möchte, denn so will die Welt regiert sein: mit strengen Gesetzen und mit Rechten und mit Aberglauben.
Seite 32 - Verein herabdrücken ; der letzte und tiefste Sinn dieses Kampfes aber ist die Entscheidung der Frage, ob für das Bewußtsein der heutigen Menschheit das Jenseitige oder das Diesseitige, das Himmlische oder das Weltliche, das Ewige oder das Irdische den Vorrang hat, ob das religiöse oder das weltliche, das christliche oder das Cultur-Interesse überwiegt.
Seite 75 - Gothik der mittelalterlichen Theologie nicht mehr nach unserem Geschmack, so hindert uns niemand daran, anders zu bauen, aber man soll uns nicht einreden wollen, der wahre, jetzt erst entdeckte Sinn der alten Dome sei eigentlich...
Seite 72 - Gemüths an das Ideale verkörpert sich dem Volke in der Religion; sie allein ist es, die ihm die beständige Mahnung vor Augen hält, dass es etwas Höheres gebe als Fressen, Saufen und sich Begatten, dass diese zeitliche Sinnenwelt nicht ein Letztes sei, sondern dass sie nur die Erscheinung eines Ewigen, Uebersinnlichen, Idealen sei, dessen Schatten im Nebel wir hier nur schauen.
Seite 96 - Behaglichkeit sich dienstbar macht, desto mehr einsehen muss, wie unmöglich es ist, auf diese Weise die Qual des Lebens zu überwinden und zur Glückseligkeit oder auch nur zur Zufriedenheit zu gelangen. Eine Periode des Aufschwungs der weltlichen Dinge kann so lange optimistisch sein, als die Hoffnung, am Ziele das...
Seite 33 - Kulturkampfs; aber wohl nur wenige von diesen haben sich klar gemacht, daß es der letzte Verzweiflungskampf der christlichen Idee vor ihrem Abtreten von der Bühne der Geschichte...
Seite 75 - Wir dulden das Mysterium nur in Gestalt einer auf inductivem Wege sich als nothwendig ergebenden Hypothese, welche das Gebiet des Sinnlichen übersteigt, und in ihrer übersinnlichen Beschaffenheit für unsern auf sinnlichem Boden ruhenden Verstand nothwendig einen unbegreiflichen Rest lässt, der nur nicht sich selbst widersprechend, dh vernunftwidrig sein darf. Das Christenthum bot dem Volke „die Wahrheit...
Seite 24 - Für die ruhige Betrachtung liegt die Thatsache offen genug vor, dass sich das Christenthum mit einer Theologie ausgestattet hat, erst als es sich in einer Welt, die von ihm eigentlich verneint wird, selbst möglich machen wollte...
Seite 15 - Der Protestantismus ist nichts als das Uebergangstadium vom abgestorbenen echten Christeuthum zu den modernen Culturideen, die den christlichen in den wichtigsten Punkten diametral entgegengesetzt sind, und deshalb ist er durch und durch widerspruchsvoll von seiner Geburt bis zu seinem Tode, weil er sich auf allen Stufen seines Lebens mit der Vereinigung von Gegensätzen abquält, die ihrer Natur nach unvereinbar sind.
Seite 46 - Nun besteht aber das Evangelium Jesu in der prophetischen Erklärung, dass das von den Juden erwartete national -jüdische Königreich Jehovahs (ßaalteia TOV im Sinne einer irdischen Theokratie auf einer nach feuriger Vernichtung der alten neu zu schaffenden Erde (Erdreich), nahe gerückt sei, und sein Eintritt, dh der Untergang der bestehenden Welt und das jüngste Gericht, so unmittelbar vor der Thür stehe, dass jedenfalls noch die gegenwärtige Generation davon betroffen würde*).

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