Deutsche Schauspieler: Porträts aus Berlin und Wien

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Oesterheld, 1908 - 228 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 59 - Personen übermitteln, ganz unbekümmert darum, ob das Organ schön und klingend, ob die Gebärde graziös, ob dies oder das in dies oder das Fach hineinpaßt, sondern ob es sich mit der Einfachheit der Natur verträgt, und ob es dem Beschauer das Bild eines ganzen Menschen zeigt!
Seite 30 - Ihm gab die Natur den Leib eines Riesen und die weit auslangenden, königlich packenden Gebärden eines Löwen, ein Antlitz blühend im Fleisch, doch durch das Leuchten zweier mächtiger Augen stets von seelischer Bewegung überflutet, und eine Stimme ohne Schranken, vom Kinderlachen bis zum Wahnsinnsschrei melodisch schwellend im meergleichen Erbrausen tiefsten Gefühls . . .", so charakterisiert ihn nach vielen unmittelbaren Eindrücken sein Biograph Julius Bab. „Von keiner Regie geführt", gehe...
Seite 34 - Gefühl ist alles" wie der Klang einer Leib gewordenen Orgel erschüttern, und wo Shakespeare der große Meister ist, dessen Lebensspürsinn noch aus furchtbarsten Untergängen den Jubel der donnernd hinrollenden Notwendigkeit heraushört — da ist Matkowsky ihm ganz Gefährte und vermag ihm zu folgen Schritt für Schritt.
Seite 113 - Ich bin ein Mann. Ihr nennt euch Männer nur, weil ihr ein Schwert an eurer Seite habt, die Brust gepanzert und wohl auch dahinter vielleicht ein Herz. Mir ist ein Mann doch mehr. Wer seinen Kindertraum sich rein bewahrt in einer nackten, unbewehrten Brust und wider das Gelächter" einer Welt, wie er als Kind geträumt, zu leben wagt bis auf den letzten Tag: Der ist ein Mann.
Seite 59 - Schenke reden läßt, nichts anderes sein als Menschen, welche durch den einfachen Naturlaut der menschlichen Sprache aus ihrem Innern heraus die Empfindungen der darzustellenden Personen übermitteln, ganz unbekümmert darum, ob das Organ schön und klingend, ob die Geberde graziös, ob dies oder das in dies oder das Fach hineinpaßt...
Seite 213 - Lewinsky vertrat die riesige Tüchtigkeit. Auch in ihm war ein Dämon, der ihn trieb, das Ungeheure zu gestalten; aber der dunkeln innern Musik war kein gleichgestimmtes Instrument nach außen gegeben. So mußte er immer nach zwei Seiten hin schaffen. Das Leben der Rolle, ihren Inhalt und Umriß, nachdenkend ausfinden; dann aber die Mittel zur sinnfälligen Vollendung des Kunstwerks anordnen, abwägen, zubereiten. Doch dazwischen fehlte der Aufschrei der Natur, die plötzlich, vom Gedanken losgerissen,...
Seite 178 - Wettern, die herandrohen, oder ist der Boden um deine Wurzeln schwank geworden? Wer als Wiener in Wien dieses Wienerische Stück ansieht, den muß es beim Spiel der Medelsky überlaufen: die Lieblichkeit und die Todesangst einer ganzen wunderschönen Kultur, die sich nicht mehr zu halten weiß, wird da in einem offenbar. Und was man sonst ihre Hysterie zu schelten pflegt, wirkt jetzt als Reichtum des Gemüts, als Auftrieb ins Großartige, als tragische Verstärkung.
Seite 82 - Seine Gesten sind nicht groß an Zahl und wiederholen sich oft — keine öfter und ausdrucksvoller als die Bewegung, mit der die Kante der Hand sich gegen die beiden Augen preßt, wie um einen Schmerz aus der Stirnhöhle zu reiben. Ein Ton von großer Erbitterung, melancholisch und gereizt zugleich, geht mit prachtvoll dunklem Glanz durch Rittners Kunst: er dröhnt voll zitternder Empörung im Weberlied des Jägermoritz, er schwillt an zum Liede vom brennenden Menschenleid, wenn er vor uns den Untergang...
Seite 59 - Konversationston interessant schwärmen oder witzeln . . . Nein, wir wollen, ob der Dichter uns in den Palast oder in die Hütte oder auf die Straße...
Seite 68 - Ewig-Männlichen') eine stattliche und glaubwürdige Figur. Aber mit diesen und hundert ähnlichen trefflichen Leistungen wäre Emanuel Reicher doch blos ein verdienstlicher Kunsthandwerker, ein tüchtiger, aber ganz ersetzbarer Arbeitsmann — wenn es nicht eine Fülle von Gestalten gäbe, bei denen all seine nachahmende Geschicklichkeit gleichgültig wird und zurücktritt gegenüber dem Durchbruch seiner eigenen Menschlichkeit, gegenüber der innern Natur, die doch in seinem ruhelosen Blut, in...

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