Serbiens Neuzeit in geschichtlicher, politischer, topographischer, statistischer und culturhistorischer Hinsicht

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F. Volckmar, 1840 - 196 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 95 - Den Unterschied der Religion überwindet die Poesie: sie verknüpft den ganzen Stamm, sie lebt in dem gesammten Volke. Die Berge, in denen der Knabe das Vieh weidet, die Ebenen, wo man das Getreide mäht, die Wälder, durch die der Reisende seinen Weg hat, erschallen von Gesang. Er begleitet alle Geschäfte. Und was ist nUn der Gegenstand dieser Lieder, die so vielfach in das Leben verflochten sind, und sich fast unbewußt aus demselben erheben? Was man lebt, spricht man aus. Hier, wo an...
Seite 99 - ... so ist der Mensch dieses Stammes; wie der Held, so sein Sänger Die Poesie legt sich wie ein verwandtes Element um das Leben her und spiegelt uns die Erscheinungen desselben ab, nicht alle und jede, aber die erheblicheren in ihrer eigensten Natur, durch das Unwesentliche minder gestört und um so deutlicher. Da ist wohl der Betrachtung werth, wie die Geschichte der Nation, von dem Gedicht ergriffen, hierdurch erst in einen nationalen Besitz verwandelt und für das lebendige Andenken gerettet...
Seite 89 - Überbleibsel des Badnjak trägt man in den Baumgarten. In die Kirche geht man nicht; zur Mahlzeit aber stellt sich ein Ieder mit der brennenden Wachskerze in der Hand ein. Diese haltend, betet man; man küßt einander mit den Worten: Gottes Frieden! Christ ist in Wahrheit geboren; wir beten ihn an.
Seite 85 - Tonnenaufgang, versammeln sie sich an dem Orte wo sie Wasser schöpfen: hier tanzen sie ihren Reigen, und singen ein Lied, wie das Wasser trübe werde vom Geweihe des Hirsches und klar von seinem Auge. Mit diesen Andeutungen, wie wir sehen, beginnen sie. Frei von Eis und geschmolzenem Schnee, ist das Wasser der erste Bote des verjüngten Iahres. Am Vorabend des Georgitages — Ende April — suchen die Frauen schon junge Blumen und Kräuter; sie fangen das Wasser auf, das von dem Mühlrade abgespült...
Seite 102 - Recht gefallen: er tödtet den Wesir, der seinem Falken den Flügel gebrochen, sammt dessen zwölf Begleitern, er rächt seines Vaters Tod an dem Mörder, dann tritt er wohl noch in Zorneswuth mit verkehrtem Pelz und seinem Kolben in das Zelt des Sultans, der vor ihm erschrickt, zurückschreitet, und ihn mit Worten und Geschenken zu begütigen sucht. Allein wie dem sey, er dient: in mannigfaltigen Abenteuern wird es uns wiederholt.
Seite 102 - Heer bis nach Arabien. Es ist als habe die Nation in diesem Helden ihre eigene Dienstbarkeit aus jener Zeit darstellen wollen, wo das serbische Heer nach der Schlacht von...
Seite 90 - Geld bekommt das hinein geknetet worden, für den hofft man vor den Andern auf ein glückliches Iahr. Der Tisch wird nicht abgeräumt, noch die Stube gekehrt: es ist ein dreitägiger Freitisch für Jedermann, der da kommt.
Seite 89 - ... glückselige Weihnachten, in das Haus. Man antwortet ihm: Gott verleihe sie dir, du Glücklicher und Ehrenreicher, und beschüttet ihn mit Getreide. Dann legt man den Baum, den man Badnjak nennt, in die Kohlen. An dem Morgen, den man mit Pistolenschüssen begrüßt, erscheint der für jedes Haus schon im Voraus bestimmte Besucher; aus einem Handschuh wirft er Getreide durch die Thüre und ruft: Christ ist geboren! Aus dem Hause antwortet Iemand, der dem Besucher ebenfalls Getreide entgegenwirft:...
Seite 92 - Das eigenthümlichste Gebilde serbischer Phantasie bleiben immer die Wilen. Schnell und schön: die Haare im Winde flatternd, hat man sie gesehen; in tiefen Waldungen, an den Flüssen wohnen sie. Man weiß nicht recht, ob man sie für unsterblich erklären, oder ihnen die Möglichkeit des Todes zugestehen soll; aber sie sind mächtiger als die Menschen, und wissen die Zukunft. Es...

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