Pròdrŏmŏs

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S. Fischer, 1906 - 204 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 156 - In allen Menschen liegt ein zarter trauriger, Ideale träumender Dichter tief verborgen. Alle Menschen werden einst ganz fein , ganz zart , ganz liebevoll sein, und die Natur, die Frau, das Kind mit allen Zärtlichkeiten lieb haben eines exaltierten Dichterherzens. Der Dichter ist nie der „Einzige".
Seite 155 - Die letztere Betonung nun ist die einzig richtige: Denn insofern eine Individualität nach irgend einer Richtung hin eine Berechtigung, ja auch nur den Schein einer Berechtigung hat, darf sie nichts anderes sein als ein Erster, ein Vorläufer in irgend einer organischen Entwicklung des Menschlichen überhaupt, die aber auf dem naturgemäßen Wege der möglichen Entwicklung für alle Menschen liegt! Der «Einzige» sein ist wertlos, eine armselige Spielerei des Schicksals mit einem Individuum. Der...
Seite 7 - ... übrigens auf eine Weise, die den Vertreter der Wiener Moderne als einen Anhänger des deutschen romantischen Denkens ausweist. Ob er sich der Tatsache bewußt war, daß in seinen Notaten Gedanken von Friedrich Schlegel, Novalis und Schelling nachklingen, bleibe dahingestellt. Jedenfalls: „Der Geist muß die Natur in sich besiegen, wie der reife Mensch seine unsinnigen Kindlichkeiten!
Seite 57 - Fliege unter der Fracke. Die andere jung, blühend. Die Alte war ungeheuer lustig und die Junge ungeheuer traurig. Da sagte ich zu der Alten: »Du, wieso ist es?!?
Seite 86 - Pferde-Mißhandlung. Sie wird aufhören, bis die Passanten so irritabel-dekadent sein werden, daß sie, ihrer selbst nicht mächtig, in solchen Fällen tobsüchtig und verzweifelt Verbrechen begehen werden und den hündisch-feigen Kutscher niederschießen werden -, Pferdemißhandlung nicht mehr mit ansehen können, ist die Tat des dekadenten nervenschwachen Zukunftsmenschen! Bisher haben sie eben noch die armselige Kraft gehabt, sich um solche fremde Angelegenheiten nicht zu kümmern...
Seite 156 - Wahre Individualität ist, das im voraus allein zu sein, was später alle, alle werden müssen! Falsche Individualität ist, ein zufälliges Spiel der Natur sein wie ein weißes Reh oder ein Kalb mit zwei Köpfen. Wem nützte es denn?!? Es gehörte in ein Kuriositäten-Kabinett der Menschheit!
Seite 14 - Das jüngste Buch von Peter Altenberg bereitete seinen zahlreichen Verehrern und Verehrerinnen eine arge Enttäuschung. Man erwartete sich von seinem engumgrenzten Talent nicht viel. Aber mehr oder weniger richtige Aphorismen zur Lebensführung?! Wozu haben wir unsere Ärzte und Hygieniker?! Ein Dichter sollte uns überraschen. Nun, überrascht hat er uns!
Seite 113 - Frau" - die Wirkung der geschlechtsideologischen Kritik ab. Dieser Mangel wird übrigens in einer späteren Fassung derselben aphoristischen Idee beseitigt. In einer Reihe von Kommentaren zu Frank Wedekinds ERDGEIST, die Altenberg 1903 in der FACKEL publizierte, heißt es: „Hättest Du mich besser erzogen!
Seite 156 - Einzige». Dann wäre er wertlos, ein Seelen-Freak! Er ist der «Erste». Er fühlt es, er weiß es, daß die anderen nachkommen, weil sie bereits in sich verborgen die Keime seiner eigenen Seele tragen! Es darf nicht heißen <Wie ich es sehe>. Es muß heißen <Wie ich es sehe>!
Seite 142 - ... für eine Utopie sind die Verheißungen, die daran geknüpft sind: Der lange tägliche Schlaf im ganzen Gemeinwesen wird zur Folge haben, verkündet der König, daß die Ärzte und die Richter überflüssig sein würden, ebenso wie die Heilstätten. Auch unglückliche Ehen würde es nicht mehr geben. „Ihr werdet liebenswürdig werden wie der Japaner, beweglich wie der Franzose, eisenfest wie der Deutsche, arbeitstüchtig wie der Amerikaner und in tausend Familien werden besonders Veranlagte,...

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