Kriegsgefangen: Erlebtes 1870

Cover
Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei, 1871 - 336 Seiten
 

Ausgewählte Seiten

Andere Ausgaben - Alle anzeigen

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 42 - Eine halbe Stunde lag ich so, oder vielleicht länger, ich weiß es nicht. Dann hatt' ich mich mit der Gewißheit meines Schicksals auch wieder gefunden. Eine Fassung kam über mich, deren ich mich nicht für fähig gehalten hätte. Ich war fertig mit allem und bat Gott, mich bei Kraft zu erhalten und mich nicht klein und verächtlich sterben zu lassen. Genug davon. War es Erschöpfung, oder war es die Ruhe vollster Ergebung, - ich schlief wieder ein.
Seite 290 - Wer bist du, der sich dieser Nachtzeit anmaßt Und dieser edlen krieg'rischen Gestalt? Sag"; ich beschwör dich.' Und dann klang es Antwort: 'Ich bin Verdammt auf eine Zeitlang nachts zu wandern, Und tags, gebannt, zu fasten in der Glut, Bis die Verbrechen meiner Zeitlichkeit Hinweggeläutert sind.
Seite 305 - Den Predigerton habe ich niemals so in Blüte gesehen, als bei diesem kleinen Manne. Er war unfähig, ein Wort einfach und natürlich zu sprechen. Alles war Rede, feierliche Ansprache, wie wenn die Bürgermeister an den Wagenschlag eines reisenden Prinzen treten. Dieser Eindruck wuchs dadurch, daß er sich, so oft die Reihe des Sprechens an ihn kam, von seinem Stuhl erhob, um stehend und mit berufsmäßigen Handbewegungen seine Rede zu halten. Man kann sagen, er taufte und traute beständig.
Seite 90 - Es kann die Ehre dieser Welt Dir keine Ehre geben; Was dich in Wahrheit hebt und hält, Muß in dir selber leben.
Seite 91 - Unart habe ich zu erfahren gehabt; sie waren alle verbindlich, rücksichtsvoll, zuvorkommend, dankbar für jeden kleinen Dienst, nie beleidigt durch Widerspruch, vor allem ohne Schabernack und ohne Neid. Wir könnten, nach dieser Seite hin, viel von ihnen lernen.
Seite 291 - Kerkers zu enthüllen, so hob' ich eine Kunde an, von der das kleinste Wort die Seele dir zermalmte, dein junges Blut erstarrte, deine Augen wie Stern...
Seite 147 - Lieblings; es war mir, als sprach' es lieb und traut in mein Ohr. So saß ich im Gefängnis zu Gueret, schwere Tage hinter mir, schwere Tage vor mir, und schrieb Verse in mein Notizbuch.
Seite 92 - Niveau des unsngen, wie ich denn überhaupt glaube, daß wir uns nach dieser Seite hin, allzu selbstgefälligen Vorstellungen hingeben. Wir glauben eine Art Schul-Monopol zu besitzen und es gibt Leute unter uns, die, einen alten »Dieterici...
Seite 187 - Witwenschmerz; aber auch ich erhielt meinen Teil und mußte mir Scherze über die Gefahren des Romantizismus gefallen lassen. Ich tat es nur zu gern. Es waren doch wieder verwandte, anheimelnde Töne.
Seite 128 - ... während sie in Zahl und Form mich beständig an die endlosen Kuppen und Kegel des historischen Dreiecks zwischen Main und Tauber erinnerten. Aber diese Gedrängtheit der Landschaft war doch nur eine Seite derselben; schöner und charakteristischer noch berührte mich der tiefe, flußdurchschlängelte Wiesengrund, der sich um jeden Hügel sorglich herumlegte und diesen, wie mit Bewußtsein, zu einer kleinen Berginsel gestaltete. Dazu hatte alles einen satten, braungrünen Ton, der mich mehr als...

Bibliografische Informationen