Versuch einer psychologischen Kunstlehre

Cover
F. Enke, 1912 - 138 Seiten
 

Ausgewählte Seiten

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 122 - Es scheint, in diesem Sinne, zu gelten, daß wir positiv alles das werten, was unserer gegenwärtigen inneren Gesamtverfassung nach als eine Bereicherung unseres Gefühlslebens wirksam wird. Die Relativität ist durch die »gegenwärtige Gesamtverfassung« gegeben. Für das umfassende Zusammennehmen aller gefühlserschütternden Vorgänge, die unter die Namen »Naturschönes« und »Kunstschönes« fallen können, unter eine allgemeine Wertformel (man denke nur an den weiten Bereich des »CharakteristischHäßli...
Seite 120 - ... nicht etwa umgekehrt aus dem Wesen des Schönen abgeleitet werden, wie es oft geschieht. Ein derartiges Vorgehen muß auf eine zu enge Formulierung führen. Denn ersichtlich kann dem Negativwerten, dem Häßlichfinden einer Sache kein anderer seelischer Vorgang zugrunde liegen, als dem Positivwerten, dem Schönfinden einer Sache. Der ästhetische Vorgang ist das Übergeordnete, Frühere, der »Wert« aber erst etwas, was in ihm eingeschlossen bleibt oder sich aus ihm erst ergibt. Auch diese Anschauung...
Seite 88 - Diese These setze ich hier voraus, wenngleich sie noch nicht allgemein zugestanden ist. Die Zeit wird kommen, wo man die prinzipielle Verschiedenheit der Gemütsbewegungen von den...
Seite 120 - Funktionen findet sich das nämliche. Was wir Werte oder Güter nennen, mit allen ihren Klassen und Gegensätzen (Erfreuliches , Erwünschtes , Fürchterliches , Wohlgefälliges und Mißfälliges, Mittel und Zweck, Vorzuziehendes und Verwerfliches usw.), fällt unter den Begriff des Gebildes. Es sind die spezifischen Gefühls- und Willensinhalte, zu unterscheiden ebenso von den Funktionen selbst wie von den Erscheinungen (und weiterhin den Gegenständen), worauf sie sich beziehen.
Seite 110 - ... Intensität die Empfindung selbst dem Nullpunkt nähert und zuletzt ganz verschwindet. Das gleiche gilt von der Ausdehnung. Dagegen kann nun aber eine Empfindung ganz oder nahezu gefühlsfrei (indifferent) sein, ohne dafs sie sich dem Nullpunkt auch nur annäherte. Eine graue Fläche oder eine mäfsige Druckempfindung kann uns ganz gleichgültig lassen, während sie uns als Empfindungen aufs deutlichste gegenwärtig sind und sich in keiner Weise dem Verschwinden nähern.
Seite 1 - Die Gefühlsverfassung, in die man beim Sehen oder Hören oder Lesen des neu zu bestimmenden Einzelwerkes gerate, gleiche jener anderen, die man vom Nacherleben der bekannten Werke des Autors, als gerade für diesen Autor typisch, bereits kenne.
Seite 129 - nichts verstehe", sondern daß er eben selber minderwertig sei, also konsequenterweise auch von einem minderwertigen Kunstwerke, als einem, das eben seiner Kulturlage entspricht...
Seite 100 - Geschehen nun in guter oder in schlechter Form gegeben, es kann uns in seiner sachlichen Erfindung an sich als Gefühlsvermittlung äußerst wertvoll sein; und man spricht ja oft genug von einem »schlecht geschriebenen«, aber dem Inhalte nach interessanten oder fesselnden Buche. Im Umkreise der literarischen Künste läßt sich also am besten die Wichtigkeit aller jener Gefühle für die Kunst nachweisen, die sich rein an den sachlichen Inhalt knüpfen.

Bibliografische Informationen