Neunundsechzig jahre am preussuschen hofe: Aus den erinnerungen der oberhofmeisterin Sophie Marie gräfin von Voss. Mit einem porträt in stahlstich und einer stammtafel

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Duncker & Humblot, 1876 - 440 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 303 - Diner srüher bestellt hatte. Während der Tasel war er sehr guter Laune und sprach sehr viel mit mir. Nach Tische hatte er eine lange Conversation mit der Königin, die auch ziemlich zusrieden mit dem Ergebniß derselben war. Gott wolle geben, daß es zu Etwas hilst.
Seite 382 - Der König und die Königlichen Kinder befanden sich in einem saalartigen Raum oberhalb des Grabgewölbes, wir Anderen im Peristyl. Nach der Rede und den Gebeten ging der König mit seinen Kindern hinab zum Sarge und weinte ganz herzzerreißend. Als er...
Seite 131 - König selbst war sast den ganzen Tag bei der Kranken. Es ist wahr, er ist wirklich der beste...
Seite 127 - Sie hat lange widerstanden; aber sie liebte den König leidenschastlich, und nachdem sie ihm ihr Herz gegeben hatte, ließ sie sich vollends von ihm überreden. Trotz ihres schweren Fehltritts bleibt sie dennoch ein edler, der Achtung nicht unwerther Charakter, und ich weiß wohl, sie ist zu rechtschaffen, als daß sie nach einem solchen Fall jemals wieder glücklich sein könnte.
Seite 123 - Der König scheint nur glücklich zu sein, wenn er sie sieht. Wo sie ist, sieht er niemand als sie, spricht nur mit ihr und hat nichts anderes mehr im Kopf als seine Leidenschaft. Ich sehe die Sache dem schlimmsten Ende mit Gewalt zugehen, muß dabei stehen und kann sie nicht aufhalten.
Seite 115 - Ich hatte eine lange Unterredung mit dem Prinzen und hielt ihm sein Unrecht vor, Julie mit seiner Leidenschaft zu verfolgen; ich sagte ihm, daß er sie dadurch nur unglücklich machen werde, ja, ich sagte ihm meine ganze Meinung und die ganze Wahrheit mit allem Ernst. Er versprach mir, sein Benehmen zu ändern und alles zu tun, was ich wollte. Er hatte später noch eine Explikation mit Julie...
Seite 116 - Der Prinz spricht wieder mehr mit Julie ; das muß aufhören. Im Grunde furcht ich vor allem, daß sie selbst sich innerlich nicht recht von ihm frei machen kann.« Und einige Wochen später: »Der Prinz kommt ewig zur alten Königin nach Schönhausen, und ich weiß, das alles geschieht doch nur wegen Julie. Ich besorge, er gibt sie noch nicht ganz auf und sinnt nur darüber nach, ob es gar keine Hoffnung mehr für ihn gebe. Wenn nur nicht, trotz all seiner Versprechungen, diese Sache sich doch noch...
Seite 130 - Diner und srug den König, ob sie die Ingenheim einladen solle; natürlich sagte er ja, und so kam sie zum Diner. Ich sinde es höchst unrecht von der Königin, sie einzuladen, um dem König damit zu schmeicheln.
Seite 377 - Erbrechen und wiederholte Ohnmachten. Endlich gegen 5 Uhr kam der König, aber die Königin hatte bereits den Tod aus der Stirn geschrieben! — Und doch, wie empfing sie ihn? — mit welcher Freude umarmte und küßte sie ihn und er weinte bitterlich! — der Kronprinz und Prinz Wilhelm waren mit ihm gekommen; so viel die arme Königin es nur vermochte, versuchte sie noch immer zu sprechen; sie wollte so gern immer noch zum König reden, ach, und sie konnte es nicht mehr ! — so ging es sort und...
Seite 124 - Dezember Heute kam endlich, was ich lange gefürchtet hatte: meine Nichte warf sich in meine Arme, um mir zu sagen, daß ihr Schicksal entschieden sei ; sie wolle dem König angehören aus Pflicht für ihn und aus Liebe zu ihm! — Ich gestehe, ich finde sie so furchtbar zu beklagen, daß ich kein Wort mehr habe, sie zu verdammen; sie wird bald genug namenlos unglücklich sein; denn ihr Gewissen wird sie nie mehr Ruhe und Frieden finden lassen.

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