Theodor Mundt als Literarhistoriker: Inaugural-Dissertation ...

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Gebauer-Schwetschke, 1912 - 78 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 31 - ... mich der Bewegung, denn sie ist die Wahrheit. Die Wahrheit in den Dingen ist es, die sich bewegt. Ich widme mich der Bewegung, welche die Wahrheit ist. Eine andere kenne ich nicht, noch werde ich mich zu ihr bekennen. Der Geist der Bewegung, welcher wirkt als ewige Jugend in der Poesie, als Geißel des Aberglaubens im Staate, als auferstehungslustige Nationalkraft im Volksleben, als Systemhaß in der Philosophie, als Productivität im Gedanken, als schönes Gleichmaß in den Formen, als Schmerz...
Seite 32 - Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als roher Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine objektive Ferne zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln und das Materielle durch Ideen zu beherrschen".
Seite 33 - Poesie vieles ewig dauern werde. Die Tragödien des Sophokles haben auch eine ewige Dauer, sie erheben und bilden uns noch in ihrer Weise, und 2000 Jahre sind eine hübsche Zeit für sie; aber sie haben doch aus dem frischen und lebendigen Leben abscheiden müssen; der eigentliche Zeitpunkt, in dem sie lebten, war ihre Zeit, ihr erhabener Kothurngang ist verhallt und sie werden kein Volk mehr von der Bühne herab begeistern. Große Literaturwerke, die einer abgeschiedenen Vergangenheit angehören,...
Seite 33 - den nationalen Formen der jedesmal herausgetretenen Weltanschauung einer Zeit und eines Volkes gemäß und harmonisch ist
Seite 37 - Philosophie auseinander. Mundt hält die Novelle für den treuen Ausdruck einer wichtigen Zeitstimmung in der Entwicklung des deutschen Geistes. „So ist die ganze Zeit für jetzt der philosophischen Systeme überdrüssig, die sich auf ihrem eigenen Territorium schon durch Übervölkerung vernichten, und arbeitet einer Epoche entgegen, wo der Überfluß von Vernunft und Weisheit in unseren Landen in Fülle und Fleisch der Gestalt und in heitere plastische Lebensformen übertritt und darin sich reproduziert!"85...
Seite 24 - Die Poesie ist ein Proteus unter den Völkern; sie verwandelt ihre Gestalt nach Sprache, Sitten, Gewohnheiten, nach dem Temperament und Klima, sogar nach dem Akzent der Völker.
Seite 69 - In der Gesinnung hat er die ästhetische Vornehmheit, den künstlerischen Egoismus, die poetenhafte Absonderung, das aristokratische Lächeln und das Salonsmäßige mit Goethe gemein behalten. So blieb Tieck zeitlebens ein Goethianer, und hat doch gegen Goethe neuere Elemente der Poesie auf den Kampfplatz gestellt, an die wir jetzt, obwohl aus einer ändern Gesinnung, wieder anknüpfen müssen, nämlich die Elemente der geistig motivirten Darstellung. Aber die...
Seite 54 - In ähnlichem Sinne äußert sich Mundt, wenn er wenig später schreibt: „Das moralische Bewußtsein eines Volkes muß der geordnete Ausdruck seiner ganzen Geistesbildung, überhaupt der Ausdruck seiner historischen Bewegungen und Eigenthümlichkeiten sein, und wenn ich mein Sittlichkeitsgefühl in die Tiefe meines heutigen geschichtlichen Bewußtseins untertauche, so finde und behaupte ich, daß keine Zeit von so großen und ächten Tendenzen nach einem schöneren, sittlichen Leben bestimmt war!
Seite 26 - Zwecken mit' ihm wirkten, waren meistens nur gelehrte, mäßigdenkende und aufgeklärte Männer von der gewöhnlichen Art. Er war eigentlich der, auf den es ankam, und auf dessen Seele es gelegt war, was aus dem Zeitalter werden sollte; er war der alles entscheidende Mann des Zeitalters und der Nation.
Seite 35 - Was vernünftig ist, ist wirklich, und was wirklich ist, ist vernünftig" nennt Mundt „einen Knalleffectsatz der Vernunftarroganz

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