Persönliche Weblogs in Organisationen: Spielzeug oder Werkzeug für ein zeitgemäßes Wissensmanagement?

Cover
Karsten Ehms, 2010 - 192 Seiten
Persönliche Weblogs haben sich als Kommunikationsmedium im Internet etabliert. Seit einigen Jahren drängen sie, wie andere Soziale Software, verstärkt in die Intranets geschlossener Organisationen. Nutzenpotenziale werden vor allem im organisationalen Wissensmanagement vermutet. Die interdisziplinäre Dissertation von Ehms geht der Frage nach, inwieweit diese Erwartungen gerechtfertigt sind, ob ein Angebot zum Bloggen von Mitarbeitern akzeptiert wird, welche Nutzungsformen entstehen und welcher Nutzen für die Organisation als Ganzes möglich ist. Ziel ist es daher, die Nutzenpotenziale von Mitarbeiterweblogs für das Wissensmanagement einer Organisation theoretisch und empirisch zu untersuchen. Die Arbeit schließt damit eine Lücke in der Forschungslage, die, bis auf wenige Ausnahmen, sowohl empirisch als auch theoretisch unbefriedigend ist. Empirisch wird eine multi-methodale Vorgehensweise, basierend auf Fallstudien, gewählt. Sie umfasst Literaturstudium und Argumentation, Vergleichsrechnungen, ethnographische Elemente sowie qualitative Auswertungen von Weblog-Inhalten und teilstrukturierten Interviews. Die Entstehungsgeschichte des Weblog-Angebots innerhalb der Siemens AG wird hinsichtlich technischer und soziokultureller Rahmenbedingungen ebenso gewürdigt wie die Kommunikation der Initiative im Unternehmen und die Rolle des Autors selbst. Als Vergleichsfälle dienen die Blog-Initiativen anderer Firmen wie Microsoft und IBM sowie anderer Unternehmen der IT-Branche. Organisationales Wissensmanagement wird hinsichtlich seiner Ziele, Entwicklungen und einzelner Modellgruppen skizziert und bezüglich seiner prominentesten Konzepte analysiert. Wissensformen und Wissensprozesse werden herausgearbeitet und in einem "Minimalmodell" verdichtet. Das Konzept der organisierten Wissensarbeit in zunehmend individualisierten, informatisierten und ökonomisierten Tätigkeitskontexten dient als argumentatives Bindeglied zum persönlichen Wissensmanagement. Hier werden drei Entwicklungslinien identifiziert: (a) die technologisch orientierte "Hypertext-Schule", (b) die an den Prozessen des Informationsmanagements orientierte "Aktivitätsschule" sowie (c) die pädagogisch-psychologische Schule, die primär persönliche Ziel- und Strategiefragen von Personen im Blick hat. Aus diesen theoretischen Versatzstücken wird ein (Aktivitäts-)Modell entwickelt an dem schließlich die technisch-funktionalen Besonderheiten von Weblogs beschrieben und kritisch reflektiert werden. Aus bestehenden Forschungsergebnissen über das Phänomen des Bloggens im Internet werden unterschiedliche Verwendungsweisen und Intensitäten identifiziert und geordnet. Die Verortung von Weblogs in den übergeordneten Web 2.0-, Enterprise 2.0- und Social Software-Bewegungen bilden den Rahmen für die Technologieadoption durch Organisationen und Unternehmen. Die Diskussion verschiedener Modelle zur Adoption von Informations- und Kommunikationstechnologien durch und in Organisationen legt nahe, wie die eigene empirische Untersuchung zu gestalten ist. Der empirische Schwerpunkt wird deshalb auf eine Rekonstruktion individueller Blogging-Praktiken gelegt. In zehn Einzelfallanalysen wird deshalb detailliert untersucht, wozu und wie intensiv Mitarbeiter ihre Weblogs nutzen und wie deren Anwendungsfälle charakterisiert werden können. Analysiert werden insbesondere Verwendungsziele und Motive der Nutzung, wahrgenommene Potenziale, aber auch erlebte Barrieren bis hin zu Ausstiegsmotiven. Bei den Praktiken stehen die Länge der Texte, die Anzahl von Bildern und Hyperlinks sowie die Vernetzung mit Kollegen über Kommentare im Vordergrund. Über einen abschließenden Vergleich der Fälle werden Verwendungsmuster herausgearbeitet. Hierbei werden fünf Wissensweblogs identifiziert, deren Aktivitätsprofil noch einmal gesondert analysiert und mit den Zielen des persönlichen Wissensmanagements in Verbindung gebracht. In diesem Zusammenhang gelingt es, den Begriff Wissensweblogs zu schärfen und operational zu definieren. Zusammenfassend stellen sich die Bildung sozialer Netzwerke und die Vielfalt der Verwendungszwecke als zentrale Ergebnisse heraus. Schließlich spiegelt der Autor die Daten der Einzelfälle und die abgeleiteten Verwendungsmuster in Kernmerkmalen an den Kennzahlen der Gesamtinitiative. Vor diesem empirischen Hintergrund werden die Nutzenpotenziale eines zeitgemäßen Wissensmanagements im Allgemeinen und die von persönlichen Mitarbeiterweblogs im Besonderen nun auf vier generelle Zielhorizonte von Organisationen (Resilienz, Effizienz, Flexibilität und Innovationsfähigkeit) bezogen. Nach einer kritischen Diskussion der Spezifika der Studie im Hinblick auf ein Orientierungswissen, das bei der Einführung von Sozialer Software unterstützen soll, werden die Implikationen einer zunehmenden organisationalen Koordination durch interne Netzwerke diskutiert. Hierbei spielen Aspekte wie Komplexität, Selbstorganisation und die Selektionsfunktion menschlicher Aufmerksamkeit eine entscheidende Rolle.
 

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Abbildung Adoption aktiver Weblogs Aktivität Aktivitätsprofil Akzeptanz Analyse Anwendungen Artefakt Aspekte Autoren Baecker beispielsweise Beiträge beschreiben beschriebenen Blogger Blogging Blogroll Blogs dargestellt Darstellung digital E-Mail eigenen Weblog einfach Einsatz empirisch entsprechenden Entwicklung ersten explizit explizitem Wissen Fall finden funktionale Funktionalitäten generell genutzt globalen Handlungswissen häufig Hyperlinks Identitätsmanagement Indegree individuellen Information Informationsmanagement Informationsobjekte Infrastruktur Inhalte Innovation insbesondere Integration interne Internet Intranet Kapitel Klaus Kleinfeld knowledge Kolari Kommentieren Kommunikation Komplexität konnte Kontakte Konzepte lässt Letzteres letztlich Links Luhmann Management Medium meisten Mitarbeiter Mitarbeiterweblogs Mittlere Textlänge Modell möglich muss Netzwerke Nutzenpotenziale Nutzer Nutzung Nutzungsformen Organisation organisationales Wissensmanagement Outdegree persönlichen Informationsmanagements persönlichen Weblogs persönliches Wissensmanagement Phänomen Plattform Potenziale prinzipiell Rahmen Referenzen Reinmann relativ Resilienz Schmidt Serendipity Siemens Social Software soll sowie soziale Standardabweichung stark Studie Systeme technischen Technologien Thema Unternehmen unterschiedlichen vergleichsweise Vernetzung verschiedene Verwendungszweck viele Vorerfahrungen Webbrowser weitere weniger Werkzeuge Willke Wissensarbeit Wissensprozesse Wissensweblogs Woche zumindest zunächst Zusammenhang Zusätzlich

Autoren-Profil (2010)



Karsten Ehms, Dipl.-Psych., Dr. phil., beschäftigt sich seit 1995 professionell mit Themen des organisationalen Lernens und Wissens. Seit dem Jahr 2000 unterstützt er in der Siemens AG geschäftsführende Einheiten unterschiedlichster Größe dabei, strategische und operative Herausforderungen des Wissensmangements zu meistern. Seit 2005 ist er Moderator der Siemens-weiten Community of Practice für Wissensmanagement und Projektmanager für verschiedenste Social Collaboration Projekte. Die Entwicklung und Einführung der ersten globalen Social Media Plattform im Jahr 2006 belegte seine Konzepte zur Einführung partizipativer und nutzer-zentrierter Plattformen im Organisationskontext. Dr. Ehms ist ein erfahrener Organisationspsychologe mit fundierter Expertise in strategischem Management und nutzerzentrierten Informationsarchitekturen.

Bibliografische Informationen